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Unterhaltspflicht aus islamischem Ehevertrag gilt auch nach Scheidung in Deutschland
Vereinbarte „Abendgabe“ wird fällig
Auch in islamischen Ehen, die im Ausland geschlossen werden, sind Eheverträge nicht selten. Häufig wird in einem islamischen Ehevertrag eine sog. „Abendgabe“ vereinbart, die – nur in islamischen Ländern! – auf den Fall beschränkt werden kann, wenn der Ehemann seine Frau verstößt. Diese einseitig ausschließende Regelung gilt bei einer Scheidung in Deutschland nicht, so entschieden vom OLG Hamm.
Im vorliegenden Fall wurde die Ehe zwischen einer Libanesin und einem Mann libanesischer Abstammung nach islamisch-sunnitischem Recht in Beirut geschlossen. Im Ehevertrag wurde die sog. Abendgabe für den Fall der Scheidung in Höhe von $ 15.000 vereinbart. Diese Abendgabe dient der finanziellen Absicherung der Frau nach einer Scheidung. Allerdings wurde diese Zuwendung nach islamischem Recht mit einer Bedingung versehen. So wäre sie nur fällig, wenn der Mann seine Frau verstoßen („talaq“) würde.
Die Ehe der beiden Partner wurde in Deutschland rechtskräftig geschieden. Das Familiengericht hatten den Mann zur Zahlung der im Ehevertrag vereinbarten Summe verurteilt, wogegen er Rechtsmittel einlegte. So wurde der Fall nun abschließend vor dem OLG Hamm (Beschl. v. 22.04.2016, Az. 3 UF 262/15) per Beschluss entschieden.
Für die Scheidung kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthalt an. Da die Partner in Deutschland lebten, war deutsches Recht anzuwenden. Die Anwendung islamischen Scheidungsrechts wurde bei Eheschluss nicht vereinbart. Für den Ehevertrag galt jedoch das islamisch-sunnitische Recht. Für den weiteren Vollzug einer Unterhaltregelung der Frau gelte – wegen der Scheidung nach deutschem Recht – dann jedoch ebenfalls deutsches Recht.
Fazit zur „Abendgabe“
Die Abendgabe dient dazu, die Ehefrau nach einer Scheidung abzusichern. Dies sei eine den nachehelichen Unterhaltsverpflichtungen vergleichbare Regelung. Die Beschränkung auf den Fall der Verstoßung durch den Mann lässt sich nach Ansicht des Gerichts allerdings nicht auf deutsches Recht übertragen. Begründet wird dies damit, dass eine solche Einschränkung den Grundgedanken hiesiger Wertvorstellungen widerspricht (ordre public). Anders gesagt: Die im Ehevertrag festgeschriebene Bedingung für die Zahlung der Abendgabe steht dem Grundgedanken des deutschen Unterhaltsrechts diametral gegenüber. Vereinbarter Unterhalt muss in Deutschland unabhängig vom Trennungsgrund oder einem etwaigen Verschulden geleistet werden. Daher hat die Klägerin Anspruch auf die vereinbarte Abendgabe.